Zweifellos gehören Geschichte und Archäologie zu den anerkannten und sehr spannenden Wissenschaften. Weniger abstrakt und damit oftmals wesentlich feselnder (weil greifbarer) sind beide Wissenschaften in Verbindung mit nicht allzu lang zurückliegenden Ereignissen, wie beispielsweise dem Untergang der RMS Titanic, jenem Passagierschiff der britischen Reederei White Star Line, welches nach einer Kollision mit einem Eisberg am 15. April 1912 (nur 13 Tage nach seiner Indienststellung) während der Jungfernfahrt auf dem Atlantik sank.
Viele Forscher haben sich bisher mit der Geschichte der Titanic, aber auch mit dem Verbleib des Wracks beschäftigt. Nun soll ein neues Team aus Archäologen, Ozeanographen und Wissenschaftlern anderer Fachbereiche das Wrack der Titanic wieder einer näheren wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen. Dabei soll nicht nur eine außergewöhnlich dichte und schlüssige Dokumentation herauskommen, zusätzlich soll der gesamte Prozess mittels Social Media nahezu in Echtzeit mit der Welt geteilt werden. Ich finden diese Idee nicht nur grandios, sondern halte die dafür bereits ins Leben gerufene Website schlichtweg für ein sehr gutes Beispiel für
- sehr wohl überlegte Wissenschaftskommunikation
- überzeugende Verbindung von Social Media und „älterer“ Onlinemedien
- in hohem Maße inhaltsgerechter Aufbereitung und Darstellung des Themas (Storytelling)
Allein die Website der Expedition finde ich schon sehr ansprechend gestaltet. Sie ist in ihrer Navigation dem Medium Wasser angepasst, d.h. man taucht zum Wrack hinab, findet unterwegs Informationshäppchen, die Wasserhelligkeit verändert sich, Transparenzen und Betrachtungsebenen sind erkennbar etc. Die Begleitung der Expedition durch schnelle Kommunikation mittels Social Media finde ich überaus überzeugend. Über die Kanäle Facebook, Twitter, Youtube und Flickr entsteht hier ein durchgängiger Informationsfluss, der nicht nur hochinteressant und faszinierend ist, sondern vielmehr auch das Zeug dazu hat die Leute für das Thema zu begeistern und sie „mit auf die Reise zu nehmen“.
Die ursprüngliche Idee für die Entwicklung der Expedition Titanic war es, eine Art „Linse“ zu schaffen, durch die wir Normalsterblichen die Expedition und die Titanic erleben können, wie es sonst nur die Experten vermögen. Ist der Website-Besucher am Ende seiner 3D-artigen Reise in die Tiefe am Trümmerfeld der Titanic angekommen (immerhin in einer Tiefe von 3.803 Metern), kann er dort mit Hilfe einer virtuellen Karte die Wracktteile erkunden. Darüber hinaus kann er sich Videos und Bilder, die zukünftig nahezu in Echtzeit übertragen werden sollen, anschauen. Auch eine 360-Grad-Ansicht des Expeditionsequipments wurde implementiert. Gekrönt wird das Ganze künftig noch mit Meldungen von Mitgliedern des Expertenteams und schlußendlich mit einem 3D-Modell des Schiffes.
Ich muss sagen: chapeau! Ich bin begeistert.
Erstmal danke auf den Hinweis dieser Seite. Beim Lesen der ersten Zeilen mußte ich ein bißchen Lächeln. Als Historikerin freue ich mich, wenn Geschichte spannend gefunden wird, egal ob Kollege oder Geschichtsinteressierter. Leider spielen solche Ereignisse wie der Untergang der Titanic in der Geschichtswissenschaft (!) nur eine Randrolle. Für mich interessanter wäre es, wie man Themen wie Lehnswesen, Königswahl, Reformation etc. aufbereiten könnte – mit modernen Ansätzen. Gibt es da Beispiele?
Vielen Dank für den Kommentar!
Sicher sind solche singulären Ereignisse nicht im Fokus der „harten Wissenschaften“, sind sie doch kaum merklich mehr als ein Wimpernschlag im Verlauf der Dinge. Was ich an solch (durchaus auch plakativ mdarzustellenden) Ereignissen mag, ist die Anschlußfähigkeit für die sie umgebenden Wissenschaften.
Im vorliegenden Beispiel der Titanic finde ich interessant wie wie einfach und bfast schon beiläufig Informationen über die untermeerische Fauna, oder physikalische Gesetzmäßigkeiten vermittelt werden. Denkbar wäre für mich auch der Einstieg in gesellschaftsgeschichtliche Themen wie z.B. die Klassengesellschaft.
Ich bin mir nicht sicher ob, oder welche Beispiele es für solche Themen wie Lehnswesen, Königswahl, Reformation, o.ä. gibt. Ich finde aber, dass der Einstieg über audiovisuelle Medien hier eine gute Wahl ist – BB macht uns ja seit vielen Jahren schon vor, wie man gesellschaftsrelevante, historische Themen besipielsweise in Miniserien verpackt. Auch könnte ich mir vorstellen, dass Computerspiele hierzu einen spannenden Einstieg bieten können.
Ich höre mich einfach mal ein bißchen um.
Erst mal ein wirklich interessanter, thematischer Hinweis! Hier wird sich zeigen, dass Social Media auch für wissenschaftliche Bereiche als Kommunikationskanal verwendbar sein wird. Ebenfalls natürlich, um ggf. Zielgruppen wie Jüngere für anspruchsvollere oder sonst weniger interessante Fachbereiche zu begeistern, natürlich auch noch intensiver für solche Zwecke zu nutzen.
Absolut.
Social Media wir die Dinge nicht besser kommunizieren, als die klassischen Medien (wie z.B. Fach- oder auch Special Interest Magazine, Fernsehdokumentationen, Printreportagen, etc.), vielleicht noch nicht einmal zielgruppengerechter. Aber gerade bei sehr weitläufigen Themen senken sie m.E. die Einstiegshürden, schaffen spannende Zugänge und Ausgangspunkte für ein sich entwickelndes Interesse.